Corona-Krise als Start für neues Miteinander – Interview mit Michaela Hübner

15.04.2020

Psychologin Michaela Hübner von der EFL Landau gibt Tipps für Ehepaare und Familien.


--- Artikel erschienen in der Landauer Zeitung am 15.04.2020 ---


Landau. (red) In Zeiten der Corona-Krise bleibt das Beratungsangebot der Ehe-, Familien- und Lebensberatung (EFL) des Bistums Passau trotz der Ausgangsbeschränkungen bestehen. Darüber informiert Diplom-Psychologin Michaela Hübner, die die Beratungen in Landau übernimmt. Die neun Beratungsstellen sind derzeit für den Publikumsverkehr geschlossen. Dennoch geht das Beratungsangebot in Form von Telefonberatung, Online-Beratung und über Video-Tools weiter, erläutert Hübner. In Landau befindet sich die EFL im Haus des Kreis-Caritasverbands in der Dr.-Godron-Straße 3. Sie ist montags jeweils am Nachmittag besetzt.


Die 57-jährige Mutter von vier Kindern hat 15 Jahre in der Nebenstelle Pfarrkirchen gearbeitet und ist seit November 2018 Stellenbeauftragte für Landau. Sie absolvierte wie alle Berater des Bistums die vierjährige Zusatzausbildung zur Ehe-, Familien- und Lebensberatung. Zusätzlich hat sie die Ausbildung zur FamilienTeam-Trainerin absolviert.


Derzeitige Phase als besondere Aufgabe


Die Zeit der Corona-Pandemie stelle für Paare und Familien mit Kindern eine besondere Herausforderung dar, sagt Hübner. Die fehlenden Ausweichmöglichkeiten lassen möglicherweise alte schwelende Konflikte ans Tageslicht kommen, der fehlende persönliche Freiraum und die Verunsicherung können an den Nerven zehren. „Durch unsere ,dünne Haut‘ können manche Konflikte, die wir im Alltag schnell vergessen, hochkochen und in Vorwürfe und Eskalationen übergehen“, erklärt die Psychologin. Um das Gefühl der Überforderung zu beruhigen, gibt sie einige Tipps an die Hand.


„Nach dem Konzept der Achtsamkeit ist es wichtig, zu unterscheiden zwischen dem, was direkt in meinem Einflussbereich liegt und dem, was ich persönlich nicht beeinflussen kann. Einfluss auf meine Befindlichkeit kann ich nehmen durch konkrete Handlungen in meinem Alltag, etwa den Haushalt führen, den Frühjahrsputz, Gartenarbeit, etwas Schönes lesen, einen Spaziergang oder sich mit positiven Dingen beschäftigen.“ Einfluss auf die Stimmung der Familienmitglieder könne man nehmen, „indem ich eine Tagesstruktur schaffe, indem ich Termine setze für Zeiten mit den Kindern, für eine Rückzugszeit für mich allein und für eine Paar-Zeit zu zweit“. Durch Techniken der Selbstberuhigung kann man ein Vorbild für die Kinder sein. „Wir als Eltern sind erwachsen und finden einen Weg, mit dem Vertrauen und der Zuversicht, dass wir diese Krise überstehen werden.“


Wichtig sei, zu erkennen, was man nicht beeinflussen kann. Dazu zählt etwa, wie die Schutzmaßnahmen der Regierung bezüglich der wirtschaftlichen Folgen greifen oder wie hoch die Rate der Infizierten ist – „all das kann ich nicht beeinflussen“. Das ständige „sich Füttern“ mit Informationen aus den Medien könne Angst und Verunsicherung wachsen lassen. „Dabei hilft eine strikte Beschränkung der Mediennutzung, um diese Gedanken, die einen lähmen können und Energie nehmen, loslassen zu können.“ Weitere Tipps, um die häusliche Situation und die Quarantäne gut zu überstehen, sind unter www.efl-passau.de zu finden.


Eine mögliche Chance dieser Krise könne sein, dass sich die Familie durch die gemeinsam verbrachte Zeit für Gespräche, die Zeit für gemeinsame Spaziergänge oder Spieleabende wieder neu kennenlernt. „So kann diese besondere Zeit ein Start für ein neues Miteinander in der Familie sein, in dem alle Familienmitglieder das Band der Liebe, das sie verbindet, wieder stärker spüren.“


Beratungsangebot steht allen Menschen offen


Die Ehe-, Familien- und Lebensberatung ist ein psychologischer Fachdienst zur Beratung und Begleitung von Menschen mit persönlichen, partnerschaftlichen und familienbezogenen Probleme, erläutert Michaela Hübner ihre Arbeit. Sie ist offen für alle, unabhängig von weltanschaulicher und sexueller Orientierung, Herkunft, Religion und Alter. Sie wird kostenfrei angeboten, alle Berater stehen unter Schweigepflicht.


Es gibt viele weiterführende Kurse und Beratungsangebote in den Zentren Passau und Altötting. In Landau wird eine psychologische Beratung für Einzelpersonen, Paare und Familien angeboten, die eine Begleitung bei Problemen und Konflikten im Beziehungszusammenhang möchten. Der Plan sei, die Kurse „Halt mich fest“, ein zweitägiges Seminar zum Thema „Bindungssicherheit bei Paaren“, in Landau anzubieten. In Passau und im Raum Altötting zeigt sich ein erweitertes Angebot der EFL. Die eben genannten Kurse zur Bindungssicherheit „Halt mich fest“ werden in Altötting angeboten. In anderen EFL-Beratungsstellen gibt es Kurse zum Thema Kommunikation, ein Beratungsangebot für Frauen nach der Trennung und eine Männergruppe.


Ebenfalls in Altötting findet ein Angebot für hochstrittige Elternpaare in Trennung statt, das sich positiv auf die gemeinsame Elternschaft auswirkt und die seelischen Trennungsfolgen für die Kinder enorm mindert, erläutert Michaela Hübner. Zusätzlich gebe es Beratungsangebote zur Bindungssicherheit während der Schwangerschaft und nach der Geburt mit dem Titel „Ein starkes Band knüpfen“.


Gerade werde das neu konzipierte Programm „FamShip“, ein aktuelles Elterncoaching, erprobt und verbreitet. Es nimmt die neuen Herausforderungen der sozialen Medien und des Internets auf und wird im kommenden Jahr auch in dieser Region angeboten.


Anmeldung


Anmelden können sich Interessierte und Betroffene täglich zwischen 8.30 und 12.30 Uhr im Sekretariat des EFL-Regionalzentrums Passau unter Telefon 0851/34337 oder unter der E-Mail passau@efl-passau.de. Beratungstermine in Landau finden am Montag von 13 bis 19.30 Uhr statt.


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