Ein sicherer Hafen für Kinder – Neues Elterntraining für Familien

10.11.2021

-- Artikel aus der PNP vom 29.10.2021 --
Ehe-, Familien- und Lebensberatung im Bistum Passau wagt mit "famship" ein neues Elterntraining

Passau/Altötting. Nicht erst die letzten fast zwei Jahre unter Pandemiebedingungen herrschenden Umstände belasten unsere Gesellschaft und vor allem Kinder, Jugendliche und deren Eltern und Großeltern. In der modernen Gesellschaft mit einer Durchdigitalisierung vieler Lebensbereiche, mit einer Social-Media-Landschaft, in der Gewaltbilder, Pornographie oder suchterzeugende Spiele kaum mehr kontrolliert werden können, ist mehr Schutz für Kinder dringend geboten.

Für sicheres Aufwachsen und Gedeihen der Kinder

Hier setzt ein neues Projekt des Bistums Passau an, das den Namen "FamShip" trägt. Die Bilder "Schiff", "Seefahrt" und "Hafen" sollen das Familienleben seiner sichernden, freisetzenden und verantwortungsvollen Qualität anschaulich machen. Es geht darum, zu zeigen, wie man das Schiff Familie sicher und entspannt steuern kann. Dazu heißt es auf einem Flyer: "Für heutige Eltern als Katholische Kirche glaubwürdig und wirkungsvoll da zu sein, ist in der gegenwärtigen Zeit eine enorme Herausforderung. Im Namen des mitgehenden, feinfühligen und präsenten Gottes will sich die Kirche von Passau für ein sicheres Aufwachsen und Gedeihen unserer Kinder einsetzen."

Angestoßen hat das Projekt Bischof Stefan Oster, indem er die Ehe-, Familien- und Lebensberatung im Bistum (EFL) aufgefordert hat, Neues zu wagen und ein Elterncoaching zu entwickeln, das wissenschaftlich fundiert die aktuellen pädagogischen Standards und psychotherapeutischen Metoden integriert. Die EFL wird seit 15 Jahren von Helmut A. Höfl geleitet. Seine Einrichtung, deren Hauptsitz in Altötting ist, berät, begleitet und therapiert Jahr für Jahr 3000 Klienten in fast 20000 Stunden. Dafür steht ein 35-köpfiges Team von Diplompsychologen, Medizinern und Sozialarbeitern zur Verfügung. In jedem Landkreis gibt es eine Beratungsstelle. "Wie sehr die Seelen von Kindern und Jugendlichen gelitten hätten, zeigt sich jetzt durch den Ansturm auf die Beratungsstellen" betont Höfl. Sein Team hat zusammen mit dem Katholischen Schulwerk, das das Projekt "SchoolShip" für Lehrkräfte ergänzend beisteuert, das Programm entwickelt.

Das Format soll das Elterntraining nah an die Familien bringen, online und in Präsenz, in kleinen Gruppen, in einfacher Sprache und ohne bevormundende Ziele. Das Training geht davon aus, dass viele Probleme und Konflikte zwischen Kindern und Erziehungsberechtigten besser gelöst werden, wenn alle Beteiligten ihre Gefühle, Stimmungen und Bedürfnisse regulieren können und auf diese Weise ihre Beziehungen pflegen. Bischof Oster formuliert es so: "Weil Haltungen wie Rücksicht und Respekt in einer zunehmend narzisstisch gefärbten Kultur abnehmen und die soziale Formung der Eltern-Kind-Beziehungen durch unsere individualistische Kultur zunehmend ausfällt, kommt es immer mehr auf die Eltern an, als Architekten der Familie für eine gedeihliche und vertrauensvolle Familienkultur zu sorgen." Gerade der Kirche stünde es nicht zuletzt wegen des durch die vielen Missbrauchsfälle verspielten Vertrauens gut an, sich für ein sicheres Aufwachsen und Gedeihen der Kinder einzusetzen.

Fünf Hauptziele sind formuliert. Es geht um den Aufbau einer sicheren Bindung, in der die Kinder Schutz, Verlässlichkeit, Trost, Freiheit und Orientierung erfahren. Es braucht emotionale Intelligenz, mit der Eltern die Gefühle des Kindes wahrnehmen, anerkennen und verstehen lernen. Es geht um Konfliktlösung und das Setzen von Grenzen, darum sozial angemessene Umgangsformen zu lernen, Regeln einzuhalten, Rücksicht zu nehmen auf die Gefühle und Bedürfnisse anderer. Der Kurs soll auch erklären, wie man mit pädagogischen Dauerbrennern und nicht lösbaren Problemen umgehen kann. Schließlich geht es auch darum, mehr Freude in der Familie erleben und Gemeinsamkeit bewusst gestalten zu können.

Das Training richtet sich an Mütter, Väter, Elternpaare, Patchwork-Eltern, Alleinerziehende, Groß- und Pflegeeltern sowie Erziehungsberechtigte, die Kinder im Alter von 3 bis 14 Jahren betreuen oder erziehen. Am 9. November wird das ambitionierte Programm in einem Gespräch mit 20 ausgewählten Persönlichkeiten des öffentlichen und fachlichen Lebens in Passau St. Max vorgestellt.

Der 64-jährige Helmut Höfl, der auch bischöflicher Beauftragter für geistlichen Missbrauch, Theologe, Philosoph und Psychotraumatologe ist, wünscht sich, wieder zu einem möglichst naturnahen Elternverhalten zu kommen. "In einer Zeit, in der Kindheit und Elternsein unter Stress stehen, sind gar nicht einmal perfekte Eltern nötig, es ist auch nötig, dass diese auf sich selber schauen und sich fragen, was mit ihnen passiert."

Stefan Rammer


Broschüre zu FamShip (303.71 KB)